Von der Schulbank in den Reitsattel: Erfolgreiche Schulsport-Kooperation des RFV Fredenbeck
Fredenbeck (psvhannover-aktuell). Die sechste Schulstunde an jedem Donnerstag verlegen mehr als zehn Mädchen und Jungen der Fredenbecker Grundschule am Raakamp von der Schulbank auf den Pferderücken. Die „Arbeitsgemeinschaft rund ums Pferd“ lernt dann nicht nur reiten, sondern insbesondere steht der freundschaftliche Umgang mit den Tieren im Vordergrund.
Spielerisch, aber auch mit einem einführenden Schulungs- und Trainingsprogramm, verbringen die Drittklässler die Schulstunde mit Pferden in der Reithalle des Fredenbecker Reit- und Fahrvereins. Eine enge Kooperation zwischen Grundschule und Reitverein macht das Wirken der Arbeitsgruppe möglich. Wenn der Ausflug in die Reiterei finanziell manchmal auch schwer zu wuppen ist. Die AG freut sich über jede Unterstützung. Und die erhält das Team insbesondere auch von der Schulleitung.
Im Team sind einige Kinder, die bereits zu Hause oder in einem Verein Erfahrungen mit Pferden gesammelt haben. Von diesen können die Schüler dann lernen, die ersten Kontakt mit Pferden suchen. Geleitet wird die Arbeitsgruppe von den Lehrerinnen Janina Pauluschke und Birgit Schägner, die eine pferdesportliche Ausbildung gemacht haben. Unterstützt werden die Pädagoginnen von der Bundesfreiwilligendienstleistenden (Bufdi) Anna Kracht, die Pferde ebenfalls in ihr Herz geschlossen hat.
„Heute machen wir eine Indianerprüfung“, erläutert Janina Pauluschke. Denn es ist schließlich bekannt, dass Indianer gute Reiter waren und es immer noch sind. Zur Auflockerung tanzen die Kinder symbolisch um ein Lagerfeuer herum. Und sie „schleichen um Büffel herum“. „Wir präsentieren stets eine Mischung aus Spielen und Reiten“, so Pauluschke. „Während die Hälfte der Gruppe ihre Bahnen auf dem Pferderücken durch die Reithalle zieht, befassen sich die anderen 50 Prozent der Kinder mit dem vielseitigen Theoriebereich rund um die Pferde, um die Haltung, das Exterieur, dem Reiten, die Hufschlagfiguren und vieles andere mehr, wie zum Beispiel die Regeln in einem Reitstall“, erläutert Birgit Schägner. Die Kinder würden die Pferde selbst auf die Reitstunde vorbereiten, sie putzen, die Hufe auskratzen sowie Zaumzeug und Sattel an- und auflegen. „Leider geht eine Schulstunde immer viel zu schnell vorbei“, sind sich Kinder und Lehrerinnen einig. Der Linienbus, mit dem die Kinder wieder zur Grundschule fahren, setzt den zeitlichen Rahmen. „Der Bus wartet nicht auf uns“, so Pauluschke.
Vielfältige Entwicklungsanreize und Sinneseindrücke
Höhepunkte für die Kinder sind immer wieder die Momente im Reitsattel. Wenn auch die Pferde Soldan, Blondy und Auer die Mädchen und Jungen geduldig auf ihrem Rücken tragen und beinahe alles mit sich machen lassen, geht immer ein Kind oder eine der Reitlehrerinnen neben den Pferden her. Auch das ist mehr als Beschäftigungstherapie. Niels reitet auf dem großen Pony. „Darf ich alleine traben“, fragt eines der Mädchen. Sie darf.
Das Reiten in der Schule erfüllt durchaus einen pädagogischen Zweck. „Durch einen qualifizierten Umgang mit Pferden erhalten Kinder vielfältige Entwicklungsanreize und Sinneseindrücke“, sind sich Experten einig. Konzentrationsfähigkeit und das Selbstwertgefühl würden sich dadurch entwickeln. Die Kinder würden unter anderem adäquat lernen, mit Ängsten vor großen Tieren umzugehen und sich so selbst besser einschätzen können. Durch die enge, vertrauensvolle Beziehung zu einem Lebewesen werde gerade auch die emotionale Komponente bei Kindern angesprochen. „Sie lernen sich zu öffnen, einem Partner zu vertrauen und dieses Vertrauen auch zu beantworten.“
Bei Kindern fallen häufig Problematiken auf: In der Motorik werden Beeinträchtigungen festgestellt. Und einige Kinder haben Aufmerksamkeitsstörungen. Nach Darstellung von Experten kann das Pferd bei der Bewältigung von Problemen ein guter Therapeut sein, um Kindern über Schwierigkeiten hinwegzuhelfen. So hat die Faszination Pferd viele Facetten. Wie einst ein Schulpsychologe sagte: „Ein Pferd kann nicht sprechen, gibt keine langen Erklärungen, ärgert nicht, versteht dennoch aber Sorgen und Nöte.“ Das Pferd könne mit Schwächen von Kindern umgehen, reagiere konsequent und erwidere Zuneigung. Das Gruppenangebot mit Pferden ermöglicht vielfältiges soziales Lernen. Durch seine Bewegungsmöglichkeit biete das Pferd Kindern eine umfassende motorische Förderung. Hans-Lothar Kordländer
Alle Fotos: Kordländer