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Montevideo: Verbot bestimmter Hinterbeingamaschen beschlossen

Montevideo/URY (fn-press). Die Delegierten des Weltreiterverbandes haben bei ihrer Generalversammlung in Montevideo (Uruguay) über diverse Regelwerksänderungen in den Pferdesportdisziplinen abgestimmt. Dabei beschlossen sie unter anderem ein stufenweises Verbot bestimmter Hinterbeingamaschen im Springen sowie – entgegen der Stimme der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) – die Abschaffung der „Collective Marks“ für das Pferd in der Dressur.

Springen:
Das Thema „Hinterbeingamaschen“ wurde bereits im Vorfeld der Versammlung kontrovers diskutiert. Die FN hatte sich klar für das stufenweise Verbot der Gamaschen ausgesprochen, da bestimmte Formen der Ausrüstung den Bewegungsablauf der Pferde beeinflussen können. Dabei sollten die Gamaschen ausschließlich zum Schutz der Pferdebeine dienen. Nun hat sich die Mehrheit der Delegierten dafür entschieden, das Verbot zunächst ab 2019 für die Ponyreiter, Children, Amateure und Veteranen einzuführen, von 2020 an für die Altersklassen Junioren/Junge Reiter/U25 und von 2021 an auch für die Senioren.

„Die schrittweise Abschaffung hat den großen Vorteil, dass mögliche Probleme bei der Umsetzung der neuen Regel, die es bei Regeländerungen in der Praxis geben kann, in den Folgejahren besser ausgeglichen werden können. Um klar zu definieren, welche Streichkappen und Gamaschen künftig verwendet und wie diese verschnallt werden dürfen und um zu sehen, ob es noch Nachbesserungsbedarf gibt, werden noch ein paar Jahre für die Umsetzung benötigt. Auch wenn es länger dauert, gibt uns dieses Vorgehen Sicherheit, dass die Änderung letztlich wirklich umgesetzt wird und diejenigen, die den Status Quo beibehalten wollen, die Änderung nicht wieder zurück drehen können“, hatte Generalsekretär Soenke Lauterbach, der die FN in Montevideo vertrat, bereits im Vorfeld der Entscheidung erklärt.

Die FN hat in der Neuauflage ihrer Leistungsprüfungsordnung (LPO) ab 2018 bereits klargestellt: Gamaschen und alle sonstigen zum Schutz der Pferdebeine erlaubten Ausrüstungsgegenstände sind nicht nur korrekt anzulegen, sondern dürfen mit dem Betreten des Vorbereitungsplatzes Springen auch grundsätzlich nicht mehr geändert werden. Zu diesem Zweck ist auch ein Verlassen des Vorbereitungsplatzes nicht zulässig. Sollte im Verlauf der Vorbereitung dennoch eine Änderung erwünscht oder notwendig sein, ist dies durch den Teilnehmer der Aufsicht auf dem Vorbereitungsplatz anzuzeigen und hat in dessen Gegenwart zu erfolgen. Die Nichtanzeige der Änderung des Beinschutzes ist als „unsportliches Verhalten“ zu werten.

Auch über das Einladungssystem für internationale Springturniere wurde in Montevideo kontrovers diskutiert. „Generell sind die neuen Einladungsregeln zu begrüßen. Sie geben mit der Einführung eines Online-Entry-Systems den nationalen Verbänden Kontrolle darüber zurück, welche Reiter auf internationale Turniere gehen. Denn alle Reiter müssen von der FN ‚abgehakt‘ werden“, sagte Lauterbach. Die Änderung wird jedoch erst die zweite Jahreshälfte 2018 betreffen, da das Online-Entry-System erst dann implementiert wird.

Ein großer Kritikpunkt aus deutscher Sicht ist jedoch die Reduzierung der Quote für einheimische Reiter. Bisher war es so, dass auf internationalen Turnieren in Deutschland bis zu 50 Prozent deutsche Reiter starten konnten. Dies wird sich nun ändern. Künftig dürfen es, je nach Niveau des Turniers, maximal 20 bis 30 Prozent deutsche Reiter sein. „Wir verlieren also etwa zehn bis 15 Reiter. Ein von uns eingebrachter Kompromissvorschlag, der eine höhere Quote für ‚Home Riders‘ vorsieht, wurde leider nicht angenommen, auch dank mangelnder Unterstützung der Kollegen aus anderen Ländern“, berichtete Lauterbach. „Diese Entscheidung ist für uns völlig unverständlich und nicht nachvollziehbar. Mit der bisherigen Quote von 50 Prozent einheimischen Reitern konnten wir unter anderem auch jüngeren Reitern die Chance geben, bei internationalen Turnieren in Deutschland an den Start zu gehen“, sagte Bundestrainer Otto Becker.

Veränderungen gab es auch beim Thema Weltrangliste: Künftig gibt es pro Turnier nur noch eine Prüfung der höchsten Punktekategorie AA. In der Vergangenheit konnte zum Beispiel das Global-Champions-Tour(GCT)-Turnier in Shanghai drei Prüfungen der höchsten Kategorie austragen. Statistiken zeigten übrigens, dass die Teilnahme an der GCL/GCT nur bei sehr wenigen Reitern zu einer extremen Veränderung ihrer Weltranglistenposition geführt hat.

Dressur:
In der Dressur war die Einführung des sogenannten HiLo-Drop-Scores meistdiskutiertes Thema. Die Überlegung war, die jeweils höchste und niedrigste Richterwertung zu streichen. Dieser Vorschlag wurde allerdings nach größeren Protesten im Vorfeld zurückgezogen. Die Dressage Judges Working Group wird 2018 zunächst eine Testphase durchführen.
Abgeschafft wurden jedoch – entgegen der Stimme der FN – die sogenannten „Collective Marks“ für das Pferd. Die Noten für Sitz und Einwirkung des Reiters bleiben aber erhalten. Künftig entfällt also die Bewertung von Gehorsam und Durchlässigkeit, Reinheit der Gänge, Schwung und Elastizität. Diese Entscheidung stieß sowohl bei Bundestrainerin Monica Theodorescu als auch bei Klaus Roeser, dem Vorsitzenden des DOKR-Dressurausschusses, auf großes Unverständnis. Theodorescu hatte im Vorfeld der Versammlung ihre ablehnende Haltung unter anderem im International Dressage Trainers Club geäußert. „Die Fußnoten sind essentiell wichtig, um die Wertigkeit der Grundsätze des Dressursports zu unterstreichen. Der Richter hatte so die Möglichkeit, das Augenmerk des Reiters auf grundlegend Positives wie Negatives zu richten. Sei es die Reinheit der Gänge, die Losgelassenheit, Anlehnung, Aktivität der Hinterhand und vieles mehr. Ich hoffe nicht, dass wir durch diese Veränderung wieder mehr Pferde sehen werden, denen es an Losgelassenheit und natürlicher Ausstrahlung fehlt.“

Vielseitigkeit:
Als wichtigste Änderung im internationalen Vielseitigkeitssport hat die FEI-Mitgliederversammlung die Abschaffung des Koeffizienten in der Dressur beschlossen. Künftig werden die Minuspunkte einfach durch Abzug des Dressurergebnisses in Prozent von 100 abgezogen. Bislang wurde die Differenz noch mit 1,5 multipliziert. Wenn ein Paar also beispielsweise 70 Prozent erreicht hat, startete es bislang mit 45 Minuspunkten in die weiteren Teilprüfungen, ab 2018 sind es nur noch 30 Minuspunkte. „Wir als FN haben uns gegen diese Neuregelung ausgesprochen, da dadurch die Dressur an Einfluss auf das Gesamtergebnis verliert. Wir konnten uns aber nicht durchsetzen. Umso wichtiger ist es, dass in der Vielseitigkeit die Schlussnoten in der Dressur erhalten bleiben, um den Wert der guten Ausbildung zu erhalten“, sagt DOKR-Disziplinkoordinatorin Philine Ganders-Meyer.

Ebenfalls neu ist die Einführung einer neuen Prüfung unterhalb des bisherigen Ein-Stern-Levels mit der Bezeichnung „Introductory“. Diese Prüfung gilt allerdings nicht für das Qualifikationssystem, ist jedoch ein Vorläufer für ein neues „Sterne-System“, das ab 2019 gelten soll. Danach werden die bisherigen Prüfungsformate nicht mehr in ein bis vier, sondern in ein bis fünf Sterne kategorisiert. Die Introductory-Prüfungen wird es schon ab 2018 geben.

Olympische Spiele 2020 in Tokio/Japan:
Die Deadline für das Erreichen der Mindestanforderungen zur Qualifikation für die Olympischen Spiele wurde auf Vorschlag der FN vom 18. Mai 2020 auf fünf Wochen vor den definitiven Nennungsschluss gelegt. „Dies gibt den Reitern mehr Zeit für die Qualifikation und ist aufgrund des Turnierplans besonders in der Vielseitigkeit wichtig“, sagte Lauterbach.

Weltreiterspiele (WEG):
Die Testevents für die WEG 2018 in Tryon (USA) finden im April statt.
Samorin (SVK) hat seine Bewerbung für die WEG 2022 zurückgezogen. Der Bewerbungsprozess wird nun wieder eröffnet. Die Vergabe wird im November 2018 vorgenommen.

Distanzreiten:
In dieser Disziplin gab es einige umstrittene Regeländerungen. Alle Änderungen werden erst zum 1. Januar 2019 gültig. Zum Beispiel wurde das Mindestgewicht von Senioren für CEI 3*, 4* und 5* sowie Championate von 75 auf 70 Kilogramm reduziert.

Außerdem wurde das Mindestalter von Pferden, die an Fünf-Sterne-Turnieren, Nationenpreisen oder Championaten teilnehmen, auf neun Jahre erhöht (vorher acht). Um für die Teilnahme an Championaten für Nachwuchspferde und Championaten unter 130 Kilometern berechtig zu sein, müssen die Pferde mindestens acht Jahre alt sein (zuvor sieben).

Die vorgeschriebenen Ruhezeiten wurden auf Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen verlängert. Eine zusätzliche Ruhezeit von sieben Tagen gilt für Pferde, die eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h oder mehr erreichen. Diese Ruhezeit gilt auch für Pferde, die die Wettkämpfe nicht beenden.

Wahlen:
Wie bereits berichtet, berief der FEI-Vorstand Philine Ganders-Meyer (Münster) in das Disziplin-Komitee Vielseitigkeit. Außerdem wählte die Generalversammlung Stephan Ellenbruch (Essen) zum Vorsitzenden des Spring-Komitees. 

Den FEI-Blog zur Generalversammlungen ist hier noch einmal nachzulesen.

Tags: Hinterbeingamaschen, FEI-Generalversammlung

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