Pferdesportverband
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„Es besteht großer Ausbildungsbedarf in unseren Vereinen“

Seit Juni 2023 ergänzt die Ausbilderin und Richterin Gudrun Hofinga (60) aus Bremen das Geschäftsstellen-Team des PSV als dezentral tätige Fachkraft für Lehrarbeit. Der Landesverband hat mit dieser neuen Stelle den Fokus auf die Basisausbildung in den Vereinen gelegt. In den vergangenen Monaten konnte Gudrun Hofinga bei den Winter-Seminaren und dem ersten Nachwuchsassistenten-Lehrgang viele Eindrücke sammeln.

Welches Fazit können Sie nach dem ersten halben Jahr als Fachkraft für Aus- und Fortbildung ziehen?

Gudrun Hofinga: Ich habe damit angefangen, die PM-Mobil-Tour-Seminare bei den Vereinen durchzuführen, die dafür letztes Jahr nicht ausgelost werden konnten, und die Interesse daran hatten. Daraus ist ein guter Austausch entstanden, wie man die Dinge weiter verbessern kann. Die Themen waren festgelegt auf „Ausbildung der Ausbilder“, „Reitabzeichen“ und „Schulpferdemanagement“. Für den Winter habe ich ein Seminarprogramm ausgearbeitet mit 13 verschiedenen Themen. Die Vereine konnten sich bis zu drei Seminare aus diesem Angebot wünschen, die über mehrere Wochen verteilt vor Ort stattfanden. Bei den meisten Vereinen war ich bereits zweimal und schließe die Termine im April/Mai 2024 ab. Einige Vereine haben sich auch schon vierte Seminare gewünscht, weil sie gemerkt haben, wie groß der Bedarf an unterschiedlichen Themen-Schwerpunkten ist. Am meisten wurde das Thema „Anfängerausbildung im Dressurreiten“ gewünscht, dicht gefolgt von der „Ausbildung in den Klassen E und A“.
Im Augenblick sind die sogenannten Winter-Seminare mein Schwerpunkt, für welche ich nach Absprache direkt in die Vereine gehe. Die Seminare beginnen mit einem kleinen theoretischen Teil, gefolgt vom praktischen Teil, in welchem die Ausbilder des Vereins unterrichten. Diejenigen, die nicht unterrichten, stehen in meiner Nähe. Dann schauen wie gemeinsam, wie sich Pferde und Reiter im Unterricht entwickeln, ob der Unterricht wertschätzend und die Fachsprache korrekt ist. Manche Begriffe sind im Unterricht nicht mehr zeitgemäß. Das besprechen wir aber schon im Theorie-Teil. In den Vereinen treffe ich auf sehr unterschiedliche Vorkenntnisse. Wir haben die Bandbreite von Jugendlichen, die ganz ohne Ausbildung unterrichten bis hin zu Trainern C und B, die fachlich sehr gut aufgestellt sind. Ich muss aber sagen, dass der Bedarf noch größer ist, als ich erwartet habe, um die Ausbildung der Ausbilder zu optimieren. Wir hatten alle unsere etwa 900 Vereine und Betriebe angeschrieben, dass sie gerne mitmachen können. Davon haben sich knapp 40 gemeldet, was eine kleine Zahl ist. Wenn ich hier aber jeweils drei Termine vor Ort wahrnehme, sind das bereits 120 Tage, an denen ich unterwegs bin.

Wie ist die Kommunikation mit den Ausbildern/ Vereinsvertretern?
Dadurch, dass meine Tätigkeitsfelder auf der PSV-Homepage und im Reitsport Magazin vorgestellt wurden, waren die Vereinsvertreter bereits gut informiert. Oft kam das Feedback, dass es als sehr positiv eingeschätzt wurde, dass es jetzt beim PSV Hannover jemanden als Ansprechpartner für den Bereich Aus- und Fortbildung gibt. Die Kommunikation ist sehr freundlich und empathisch. Wichtig zu wissen für die Vereinstreter ist sicher, dass ich nur nach Absprache komme und keine Kontrollfunktion habe. Man muss mich also einladen, und dann bin sehr gerne direkt vor Ort, um zu unterstützen.

Geben Sie bitte einen kurzen Einblick in Ihr vielfältiges Aufgabenfeld.
Ich bediene die Winter-Seminare, dann begleite ich die Lehrgänge für die Nachwuchs-Trainerassistenten und Trainerassistenten. Die nächsten Lehrgänge folgen von Mai bis August in vielen Verbands-Regionen. Was wir jetzt neu für den Sommer auflegen sind sogenannte Trainingstage mit dem Fokus auf Lehrpferden. Ich besuche die Vereine für einen halben oder ganzen Tag. Dann können die Schulpferdereiter und auch einige Privatpferdereiter etwa auf dem Niveau Reiterwettbewerb, Führzügelklasse, Schritt, Trab, Caprilli und Mini-Springen vorreiten. Das wird benotet und kommentiert, und bei den Jüngsten gibt es auch nur Kommentare. Das ist aktuell noch kostenfrei für unsere Vereine und Betriebe möglich. Da ich nicht mehr so viele Wochenenden zur Verfügung habe, kann ich das nur für die schnellsten Anmeldungen bewerkstelligen oder diejenigen, die in den Ferien einen Trainingstag mit mir planen möchten, in der Woche besuchen. Im Sommer und Herbst folgen noch ein Trainer C-Basissport-Lehrgang und zwei Trainer B-Leistungssport Dressurlehrgänge. Im kommenden Winter gibt es dann wieder die Winter-Seminare.

Sie sind sehr viel im gesamten Verbandsgebiet unterwegs. Für welche Projekte und Maßnahmen sind noch Plätze frei, bzw. was war besonders gefragt und schnell ausgebucht?
Schnell ausgebucht war der Nachwuchs-Trainerassistenten-Lehrgang mit Übernachtungsmöglichkeit. Bei den Lehrgängen ohne diese Option sind noch ein paar Plätze frei. Beim Trainer-C-Lehrgang gibt es noch Plätze, ebenso bei den beiden B-Lehrgängen. Die Liste aller Angebote gibt es im Downloadbereich unter „Aus- und Fortbildung“ auf unserer Homepage.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf in den Vereinen?
Der Handlungsbedarf in den Vereinen ist schon groß, da Mehrfachkompetenz von den Ausbildern gefragt ist. Wir unterrichten heute nicht mehr mit „Kopf hoch und Hacken runter“. Das ist nicht zielführend. Die FN plant gerade ein Programm, in welchem sie 20 Ausbildern die Trainer C-Ausbildung bezahlen. Das ist ein guter Ansatz, denn in den Vereinen wird mir oft mitgegeben, dass die größte Problematik die ist, dass viele motiviert sind und auch die Voraussetzungen für eine Trainer C-Ausbildung haben, aber eben nicht die finanziellen Möglichkeiten vorhanden sind. Sie sind in der Lehre oder im Studium und können sich das einfach nicht leisten.
Der zweite Punkt ist, dass sehr viele Vereine Ausbilder suchen und keine finden. Das ist eine Krux. Denn wenn wir heute nicht gut ausbilden, dann haben die Kinder, die in zehn bis 15 Jahren Ausbilder werden, auch nur eine schwache reiterliche Ausbildung und mangelnde Fachkenntnisse, die dann wiederum an den Nachwuchs weitergegeben werden. Diesen Kreislauf muss man durchbrechen, damit die Qualität der Ausbildung auch für die Zukunft gesichert ist. Die Ausbildung in dem ein oder anderen Verein muss einfach noch mehr Hand und Fuß bekommen. Wir brauchen dafür die Menschen, die sich entsprechend ausbilden lassen möchten. Ein weiterer Punkt ist, dass viele Betriebe sich mit den Themen Haftung und Versicherung noch nicht genügend befassen oder gut genug auskennen. Oft reiten dort Kinder ohne eine Vereinszugehörigkeit. Deren Eltern wissen gar nicht, wie sinnvoll die Absicherung durch unseren Sportversicherer ist und wie wenig die Reiter abgesichert sind, wenn sie kein Vereinsmitglied sind. Die Frage ist ja auch, warum die Kinder nicht im Verein sind. Hier besteht noch großer Beratungsbedarf, für den ich einen Leitfaden erstellen möchte.
 
Zur Person: Gudrun Hofinga ist gelernte Berufsreiterin und Richterin und war in dieser Funktion 20 Jahre bis zu Paralympischen Spielen/ Weltmeisterschaften international als Fünf-Sterne-Richterin (nach neuem Reglement Vier-Sterne-Richterin) im Para-Sport im Einsatz. Zurzeit richtet sie im nationalen Bereich Dressur und Springen bis zur höchsten Klasse. Ein beruflicher Schwerpunkt war und ist immer die Aus- und Fortbildung von Ausbildern sowie die Richterfortbildung.

Sie erreichen Gudrun Hofinga unter folgenden Kontaktdaten:
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Fax 0421-17508124
Mobil 0163-7413621

Tags: Vereine, Aus- und Fortbildung, Gudrun Hofinga

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