CHIO Aachen: Deutsches Vielseitigkeitsteam gewinnt Nationenpreis
Erstmals nach 2019 hat ein deutsches Vielseitigkeitsteam wieder den Nationenpreis beim CHIO Aachen gewonnen. Mit nur 104,9 Minuspunkte siegte die Mannschaft von Bundestrainer Peter Thomsen vor den US-Amerikanern mit 108,2 Minuspunkten und dem Team aus Großbritannien mit 136,6 Minuspunkten. Michael Jung und fischerChipmunk FRH trennte zudem nur ein Wimpernschlag vom Doppelsieg. Er wurde Zweiter in der Einzelwertung hinter der Weltmeisterin Yasmin Ingham aus Großbritannien mit Banzai du Loir.
Wir müssen wohl bis zum letzten Reiter warten, um die Sieger zu erleben, hatte Bundestrainer Peter Thomsen am Vorabend der Geländeprüfung prophezeit und sollte damit recht behalten. Im Verlaufe der Geländeprüfung wechselten sich die Topteams in der Führung laufend ab. Die deutschen Paare starteten in der Reihenfolge Malin Hansen-Hotopp mit Carlitos Quidditch K, Christoph Wahler (Bad Bevensen) mit Carjatan S, Sandra Auffarth (Ganderkesee) mit Viamant du Matz und Michael Jung (Horb) mit fischerChipmunk. Alle vier kamen ohne Hindernisfehler ins Ziel, nahmen lediglich den ein oder anderen Zeitfehler in Kauf. Den endgültigen Ausschlag für ihren Sieg gab am Ende jedoch ein Fehler des nach Dressur und Springen führenden Briten Tom McEwen. Als letzter Starter kassierte er mit JL Dublin einen Vorbeiläufer am Turkish Airlines Complex und verspielte damit seinen eigenen Sieg und den seines Teams.
Bundestrainer Peter Thomsen behielt damit in einer weiteren Hinsicht recht: Die größte Herausforderung in dem 3.935 Meter langen Gelände war das passende Zeitmanagement. Wer es mit dem Tempo überzog, riskierte schnell einen Vorbeiläufer an einem der zahlreichen schmalen Sprünge, die den Kurs von Parcourschef Rüdiger Schwarz ausmachten.
Michael Jung und das verflixte Zehntel
Das Pech Tom McEwens hätte gleichzeitig den Einzelsieg von Michael Jung bedeuten können, der vor dem Gelände auf Platz zwei lag. Nur ein Zehntel trennte die beiden nach Dressur und Springen. Doch auch der dreifache Olympiasieger aus Horb war auf der Strecke etwas zu langsam, wenn auch nur sieben Sekunden. FischerChipmunk FRH hatte schon zu Beginn des Kurses ein Eisen verloren: „Das war sehr ärgerlich, weil es natürlich dann schwer wird, bei dem weichen Boden schnell zu reiten. Trotzdem hat alles super geklappt. Er hat überall toll mitgemacht und mit dem Endergebnis bin ich auch sehr zufrieden“, sagte Jung. Sein Endergebnis von 27,2 Minuspunkte reichte für „Dressursiegerin“ Yasmin Ingham allerdings aus, sich ihre Spitzenposition aus der Dressur zurückzuerobern. Mit gerade einmal vier Sekunden mehr als erlaubt, kam sie auf nur 27,1 Minuspunkte: das entscheidende Zehntel Vorsprung. Innerhalb der Zeit blieb in diesem Jahr keiner der Starter.
Riesensprung für Christoph Wahler
So schnell wie die Weltmeisterin waren nur Christoph Wahler und sein Schimmel Carjatan S. In der Dressur hatte das Paar noch das Streichergebnis fürs deutsche Team geliefert, danach glänzten sie mit einer Nullrunde im Springen und einer schnellen Geländerunde. „Carjatan ist ein extrem ehrgeiziges Pferd. Das, was ihm im Gelände und Springen zugutekommt, das steht ihm manchmal in der Dressur ein bisschen im Weg“, erklärte Wahler. In dem Wissen, dass sein Pferd unheimlich erfahren sei, habe er im Gelände bewusst ein, zwei Risiken in Kauf genommen, um das Team nach vorne zu bringen. Das ein oder andere Mal hielten die Fans die Luft an, doch die Rechnung ging auf. Nicht nur für die deutsche Mannschaft, sondern auch für Wahler selbst: Mit nur 35,2 Minuspunkten beendeten der Teamweltmeistern und sein 14-jährige Holsteiner die Prüfung auf Platz vier.
Geglückte Team-Premiere für Malin Hansen-Hotopp
Für Malin Hansen-Hotopp und ihren Schimmel Carlitos Quidditch K war es der zweite Start in Aachen, jedoch das erste Mal fürs deutsche Team. Bis auf einen kleinen Moment an den Doppelhecken (18A/B), an denen der Schimmel beim Aussprung etwas weit nach links kam, galoppierten die beiden sicher ins Ziel. „Mein Pferd ist einfach mega. Ich habe heute nicht ganz so toll auf die Tube gedrückt. Ich habe mir gedacht, ich will die technischen Aufgaben gut absolvieren und konzentriert sein, und das hat zum Glück alles gut geklappt.“ Mit 42,5 Minuspunkten beendeten die beiden ihren zweite Aachen-Start auf Platz zwölf.
Sandra Auffarth: Sichere Runde nach Fünf-Sterne-Erfolg
Nach ihrem Fünf-Sterne-Erfolg im Frühjahr – Platz vier in Lexington/Kentucky – drehten die Vorjahressieger Sandra Auffarth und Viamant du Matz eine fehlerfreie, aber ruhige Runde. „Zeitlich wäre heute überall etwas mehr drin gewesen, aber ich habe es von Anfang an ruhiger angehen lassen nach der Pause. Logischerweise, denn das nächste Ziel sind ja die Europameisterschaften“, so Auffarth, die mit 48,3 Minuspunkten Platz 17 belegt.
Die deutschen Einzelreiter
In Aachen starten zu dürfen, davon träumen viele. In Erfüllung ging dieser Wunsch in diesem Jahr auch wieder für eine Reihe Einzelreiter, darunter auch Mannschaftsvizeeuropameisterin Anna Siemer (Salzhausen). Im vergangenen Jahr hatte sie kurz vor dem Einritt auf die Zielrunde im Soerser Stadion aufgegeben, jetzt gehörte sie mit ihrer Hannoveraner Stute FRH Butts Avondale ebenso wie Aachen-Debütantin Rebecca-Juana Gerken aus Tasdorf mit TSF Solara zu den Schnellsten im Gelände. „Ohne den Sprühregen wären wir noch schneller gewesen“, freute sich Siemer lachend über ihren Ritt. Mit 46,2 Minuspunkten belegte Siemer Platz 17, Gerken wurde 50,8 Minuspunkten 20te. Auch für Nicolai Aldinger aus Salzhausen und seinen Timmo endete Aachen mit einer sicheren und fehlerfreien Geländerunde versöhnlich. Sein Endstand: 58,8 Minuspunkte, Platz 28.
Über ein erfolgreiches Aachen-Debüt durfte sich Libussa Lübbeke freuen. Die frisch gebackene Pferdewirtin und Sportsoldatin hatte das schwere Los getroffen, in allen drei Teilprüfungen erste Starterin zu sein. Die 22-Jährige löste die Aufgabe mit Bravour, war Sechste nach Dressur und Springen und bewies allen Nachfolgenden mit ihrer Geländerunde die Machbarkeit der gestellten Aufgaben. Lediglich eine mit 15 Strafpunkten geahndete „Missed Flag“ musste sie sich ankreiden lassen, dafür, eine der schmalen Ecken nicht komplett übersprungen zu haben. „Ich war mir eigentlich sicher, dass ich drüber war“, sagte sie. „Erstmal bin ich superglücklich mit dem Pferd.“ Ihre Hannoveraner Stute Caramia stammt aus der familieneigenen Zucht, Großmutter Lafalda (v. Lauries Crusador xx) war ein Hochzeitsgeschenk für ihre Eltern. Libussa Lübbeke beendete die Prüfung mit 58,1 Minuspunkten. Weniger Glück hatte der jüngste deutsche Teilnehmer Calvin Böckmann, der sich mit Altair de la Cense und Platz acht ebenfalls eine gute Ausgangslage fürs Gelände geschaffen hatte. Ein Rumpler am Rolex-Wasserkomplex brachte sie jedoch zu Fall. Pferd und Reiter kamen mit dem Schrecken davon, mussten aber ausscheiden. fn-press/Hb