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16. FN-Bildungskonferenz lockte 300 Gäste ins Haupt- und Landgestüt Marbach

Die 16. Bildungskonferenz der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) stand in diesem Jahr unter dem Motto „Der Stellenwert des Trainers – Erfolgreiches Lehren und Lernen im Pferdesport unter den Aspekten Sicherheit und Tierwohl“. Zum ersten Mal fand die Veranstaltung im Haupt- und Landgestüt Marbach statt, wo Landoberstallmeisterin Dr. Astrid van Velsen-Zerweck und ihr Team hervorragende Gastgeber waren. Im Rahmen der Fortbildung durften die Besucher Vorträge und Demonstrationen verfolgen.

Theorie und Praxis gingen dabei Hand in Hand und boten zahlreiche Ideen und Anregungen. Immer wieder in den Fokus geriet das Thema „Social License“ – zu deutsche „gesellschaftliche Akzeptanz“. Dr. Astrid van Velsen-Zerweck sagte dazu bei ihrer Begrüßung: „Wir brauchen Social License, wenn wir den Pferdesport bewahren wollen und wir müssen ein Gefühl für die Bedürfnisse der Gesellschaft entwickeln. Die Gesellschaft fordert Transparenz. Es ist an uns, Vertrauen zu schaffen, um Akzeptanz zu erhalten.“

Theo Ploegmakers: „Pferde im Blickpunkt der Gesellschaft“
Diesen Gedanken griff auch Theo Ploegmakers, Präsident der Europäischen Reiterlichen Vereinigung (EEF), in seinem Vortrag unter dem Aspekt „Pferde im Blickpunkt der Gesellschaft“ auf. „Die Pferde sind ein Teil unseres Lebens. Aber der Pferdesport hat eine komplexe Beziehung zur Gesellschaft, weil Freude und Leidenschaft den ethischen Bedenken gegenüberstehen.“ Auch er betonte, wie wichtig es sei, das Vertrauen zu stärken und negative Meinungen zu überwinden. Zumal bereits jetzt und auch in der Zukunft Themen wie Temperaturanstieg oder Wasserknappheit mitbestimmen werden, wie mit den Pferden umgegangen wird. „Das haben wir schon immer so gemacht, darf keine Antwort mehr sein“, forderte er. Stattdessen sei Transparenz wichtig und der offene Umgang mit Kritik. „Wir können nicht verhindern, dass jemand, der Negatives sucht, auch etwas findet. Aber wir können uns für die Kritik öffnen und erklären, warum und wie wir Dinge tun.“ Generell gelte es, nun einen Schritt nach vorne aus der Defensive zu machen und auf eine positive Art zu antworten.

Julia Lämmle und Lina Otto: „Kinder sind das Fundament des Pferdesports – Wie begeistern wir junge Menschen frühzeitig für das Pferd?“
„Kinder sind Multiplikatoren“, begannen Julia Lämmle und Lina Otto ihren Vortrag. Beide arbeiten beruflich mit dem Nachwuchs und haben selbst Kinder. „Die Pferde sind omnipräsent im Leben der Kinder“, stellt Grundschullehrerin und Ausbilderin Julia Lämmle Tag für Tag fest. Bei ihren Schülern und auch ihren Töchtern seien Filme, Spielzeug und Bücher von Pferden geprägt. Diese Faszination und Begeisterung der Kinder schwappen auch auf deren Umfeld über, ein absolutes Plus für den Pferdesport. Daher haben sich Lämmle und Pferdewirtschaftsmeisterin Otto es zur Aufgabe gemacht, so viele Kinder wie möglich ans Pferd zu bringen. Ein Beispiel für die gelungene Umsetzung sei der internationale Kindertag gewesen, der im Haupt- und Landgestüt Marbach groß zelebriert wurde. Familienführungen über das Gestüt, Vorführungen, Präsentation verschiedener Rassen und zahlreiche Spiele und Bastelaktionen haben rund 2000 Besucher begeistert. Und es gibt viele weitere Ideen. Ob es die Klassenaktion Pferd ist, der Marbacher Julmond-Club, Hobby-Horsing oder auch ein Jungs-Camp – „die Ausbilder können die Brücke zwischen Gesellschaft und Pferd bauen“, betonte Otto. Dabei gehe es gar nicht darum, alle Kinder aufs Pferd zu bekommen, was sich vielerorts mangels Schulpferde häufig als schwierig gestaltet. Ziel sei vor allem, die Begeisterung für das Pferd zu wecken und zu streuen. Die Mutter zweier Jungs sieht es unterdessen kritisch, dass der Reitsport zunehmend „pink“ wird und vor allem optisch daher auf Mädchen ausgerichtet sei. „Wir müssen auch den männlichen Nachwuchs abholen.“

Reinhard Wendt: „Speerspitze Turniersport – Leistung und Verantwortung im gesellschaftlichen Diskurs zur Nutzung des Pferdes“
Reinhard Wendt, ehemaliger Geschäftsführer des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei und des Bereichs Sport der FN, begann seinen Vortrag mit einem hippologischen Exkurs. Dabei nahm er das Publikum mit auf eine Reise zu der Zeit, als das Pferd zunächst nur Nahrungsmittel war, bis es domestiziert und 5000 v. Chr. erstmals als Zugtier eingesetzt wurde. Auch den Einsatz als Verkehrsmittel und in der Landwirtschaft schilderte Wendt, ebenso das tragische Ende von je rund einer Million Pferde im Ersten und ZweiteWeltkrieg. Inzwischen habe sich die Rolle des Pferdes vom Diener zum Erzieher des Menschen gewandelt. Der Turniersport nehme dabei eine besondere Rolle ein. Sich zu messen und gut darin zu sein erfordere auch mehr Können, mehr Wissen, mehr Verantwortung. Im Gegenzug erhalten die Pferde viel Bewegung, Abwechslung und Fürsorge, was umso perfektionistischer gelebt wird, je mehr Pferd und Reiter im Spitzensport ankommen. Bei altersgerechtem und maßvollem Einsatz der Pferde tragen Training und Turniereinsatz daher ohne Frage zur Gesunderhaltung bei und auch Richtlinien und Regelwerke werden stets weiterentwickelt und mit wissenschaftlichen Erkenntnissen angereichert. „Was wir haben, ist mehr als ziemlich gut, mehr als eine 7,0!“

Frank Wieneke: „Trainerphilosophie – Vorbild vorleben – Werte vermitteln
Wie entsteht Erfolg? Was trägt der Trainer dazu bei? Fragen, die Frank Wieneke, Gewinner von einer Gold- und zwei Silbermedaillen im Judo bei Olympischen Spielen sowie Referent der Trainerakademie Köln des DOSB, mit deutlichen Aussagen beantwortete. „Erfolg ist kein Zufall, es gibt keine Entschuldigung für Misserfolg“, so das Motto des Trainers, der von sich selbst sagt, dass er keine Kompromisse mache, wenn er nachhaltigen Erfolg erreichen will. Die Aufgabe des Trainers sei vor allem, die Eigenmotivation eines Athleten zu wecken und diesen über seine Grenzen hinaus zu bringen. Dazu gehöre, das Training immer weiter zu verbessern, den Schüler zu unterstützen und ihm zu helfen, den inneren Schweinehund zu besiegen. Medaillen werden auch im Kopf gewonnen. Daher gelte vor allem nach Misserfolgen: „Zukunftsorient denken, denn die Vergangenheit kann man nicht ändern.“

Reithallen-Knigge und gesunderhaltende Arbeit
Im Anschluss an die theoretischen Vorträge folgten praktische Demonstrationen. Pferdewirtschaftsmeister und Leiter der Landesreitschule Marbach, Markus Lämmle, startete mit seinen Schülern und Schulpferden. Doch zunächst bewies seine Tochter Emma noch schauspielerisches Talent: Selfies mit dem Handy, ihr Pony quer ohne Blick nach links und rechts durch die Halle führend und das alles in einem Outfit, dessen knalliges Pink die Zuschauer blendete. „Wir wollten etwas überspitzt darstellen, wie es heutzutage oft in den Reithallen aussieht“, erklärte der Ausbilder und gestand schmunzelnd: „Ich musste Emma lange überreden, sich so anzuziehen.“ Nach ihrem filmreifen Auftritt, der für einige Lacher sorgte, kam die junge Dame in dezenten Farben gekleidet zurück und zeigte gemeinsam mit den beiden anderen Reiterinnen, wie korrektes Aufsitzen, Bügelverschnallen und Aufmarschieren aussieht. „Reiten beginnt mit dem Aufsitzen“, betonte Lämmle, der von Pferden und Reitern stets ordentliches Benehmen einfordert. Der Reithallen-Knigge inklusive Anhalten und Stehenbleiben gehört ebenso zur Grundausbildung wie der korrekte Umgang mit dem Pferd.

Der Beitrag des Trainers zum Pferdewohl
Rüdiger Rau, Bundestrainer Ponyvielseitigkeit und internationaler Parcourschef, komplettierte die praktischen Beispiele mit zwei seiner Schülerinnen unter dem Motto: „Die klassische Reitlehre – Was trägt der Trainer zum Pferdewohl bei?“. Mit wenig Hindernismaterial hatte er einen interessanten Parcours aus Distanzen und In-outs gestaltet, teilweise aus Stangen und festen Hindernissen. Auch das schräge Springen der Hindernisse demonstrierten seine Schützlinge. Generell zeigte sich Rau als großer Verfechter eines Trainingsplans: „Um grobe und feine Ziele zu erreichen, sollten Tages-, Wochen- und Monatspläne erstellt werden. Was arbeite ich wann und wo mit meinem Pferd?“ Zur Veranschaulichung ließ er eines der Ponys von der Seite durch das Publikum betrachten und erklärte die körperlichen Besonderheiten und damit verbundenen Stärken und Schwächen eines Pferdekörpers: starke Hinterhand und eher schwach ausgeprägte Vorhand. Eine gesunderhaltende Arbeit erfordere daher die Aktivierung der Hinterhand und damit verbundene Entlastung der Vorhand. Durch gute Basisarbeit wie beispielweise Übergänge in und zwischen den Gangarten werde dies erreicht. Dazu gehört auch die Arbeit an der Losgelassenheit und die Abwechslung im täglichen Training.

In der abschließenden Podiumsdiskussion beschäftigte vor allem die Basis des Reitsports und die damit verbundenen Herausforderungen für die Reitschulen Zuschauer und Referenten. „Guter Reitunterricht muss etwas kosten“, waren sich alle einig. Denn auch gute Schulpferde gibt es nicht für einen Apfel und ein Ei. Mehrmals kamen Stimmen zu den gestiegenen Kosten aus dem Publikum, die den Reitschulbetreibern das Leben schwer machen. „An die Öffentlichkeit gehen, sich an Firmen wenden, Patenschaften für Schulpferde erbitten“, so ein Tipp von Rüdiger Rau. Wo ein Wille, da ein Weg, dieses Zitat sollte gelebte Wahrheit in den Reitschulen sein, in denen Tag für Tag Grenzen überwunden werden müssen. Denn der Tenor der Bildungskonferenz war bei allen ganz klar: Der Reitsport soll auch in vielen Jahren noch bestehen.

Nach der Bildungskonferenz ist vor der Bildungskonferenz: Die 17. Auflage der Konferenz findet im Juni 2024 statt. Datum und Ort werden rechtzeitig bekanntgegeben. Maria Jürgens/Reiterjournal

Tags: Bildungskonferenz, Deutsche Reiterliche Vereinigung, Social Licence

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