Fragen und Antworten zum Thema sexualisierte Gewalt
Warendorf (fn-press). "Es ist gut, dass ihr das Thema aufgreift", so der Tenor der meisten Reaktionen auf den Themenschwerpunkt sexualisierte Gewalt, der diese Woche die verschiedenen Online-Kanäle der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) beherrscht. Neben Lob erreichen die FN auch viele Fragen zum Thema sexualisierte Gewalt. Das zeigt, dass dieses Thema offenbar viele Menschen beschäftigt. Nachfolgend finden sich Antworten auf die häufigsten Fragen, die im Rahmen der Woche gestellt wurden.
Der Themenschwerpunkt endet mit dem Hinweis, dass genau heute der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen ist. Ein internationaler Aktionstag zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegenüber Frauen und Mädchen, denn 90 Prozent der Opfer sexualisierter Gewalt sind Frauen. Der Aktionstag wird jedes Jahr am 25. November begangen.
Ab wann spricht man von sexualisierter Gewalt?
Der Begriff sexualisierte Gewalt umfasst Formen von Gewalt und Machtausübung, die mittels sexueller Handlungen zum Ausdruck gebracht werden. Sexualisierte Gewalt kann verbaler und/oder körperlicher Art sein und erfolgt gegen den Willen der Betroffenen. Zu sexualisierter Gewalt zählen z.B.:
- anzügliche Blicke
- herabwürdigende Kommentare
- unangenehme Berührungen
- Briefe, E-Mails oder Nachrichten mit sexuellem Inhalt
- exhibitionistische Handlungen
- sexuelle Nötigung
- Vergewaltigung
Was können Vereine und Betriebe tun, um sexualisierte Gewalt zu verhindern?
- Im Verein/Pferdebetrieb/Stall ein Klima des respektvollen Umgangs schaffen.
- Bei verbalen oder körperlichen Übergriffen hinschauen und nicht wegsehen.
- Hinterfragen, wer als Ausbilder mit welcher Qualifikation Unterricht gibt bzw. für Kinder und Jugendliche als Trainer eingesetzt wird.
- Sich als Vorstand mit dem Thema befassen und ein/zwei Ansprechpartner für sexualisierte Gewalt benennen.
- Fortbildungen zum Beispiel der Landesportbünde zum Thema nutzen: Wie erkenne ich die Machenschaften von Tätern?
- Ein Täter-unfreundliches Umfeld schaffen, indem z.B. Poster gegen sexualisierte Gewalt und Missbrauch aufgehängt werden und das Thema offen kommuniziert wird.
- Schutzkonzepte gemeinsam mit Jugendlichen erarbeiten.
- Die Satzung des Vereins aktualisieren: Grenzüberschreitendes Verhalten und Konsequenzen, Beschwerdemanagement etablieren.
Was kann jeder einzelne tun?
Jeder kann etwas tun, damit sexualisierte Gewalt und Missbrauch verhindert oder gestoppt werden. Wenn man Zeuge sexistischer Übergriffe wie den sogenannten dummen Sprüchen wird, einschreiten und sagen, dass das nicht in Ordnung ist. Wenn sich jemand als Betroffener offenbart: Zuhören, Glauben schenken und sie oder ihn ermutigen, sich professionelle Hilfe bei einer Beratungsstelle zu holen.
Was sollte man tun, wenn man das Gefühl hat, dass man sich nicht wehren kann?
Man sollte vermeiden, mit dem Täter allein zu sein, zum Beispiel indem man eine Stallfreundin bittet, einen in die Sattelkammer zu begleiten.
Man kann es nur stoppen, wenn man mit jemandem spricht. Zum Beispiel mit einer Person, der man vertraut. Das kann die beste Freundin oder der beste Freund sein, das kann die Mutter oder der Vater sein, das kann aber auch ein/e Lehrer/in sein. Wenn man das nicht möchte, dann gibt es Telefonhotlines, die man anonym anrufen kann. Dort gibt es geschulte Menschen, die sich sehr gut mit dem Thema auskennen und Betroffenen weiterhelfen.
Wie kann man eine betroffene Person davon überzeugen, sich Hilfe zu holen?
Wenn ein/e Betroffene/r von sexuellem Missbrauch erzählt, dann ist das ein großer Schritt, der viel Mut erfordert. Deshalb:
- Ruhe bewahren und möglichst sachlich reagieren.
- Das Mädchen oder den Jungen ernst nehmen und das Erlebnis nicht herunterspielen.
- Auf bohrende Fragen verzichten und den Eindruck vermeiden, dass man der/m Betroffene/n nicht glaubt.
- Der/Dem Betroffenen nie die Mitschuld geben. Die Verantwortung trägt immer der Täter oder die Täterin.
- Die Gefühle des betroffenen Mädchens oder Jungen akzeptieren.
- Das Mädchen oder den Jungen loben, dass es/er sich anvertraut hat. Dazu gehört auch, sich vertrauenswürdig zu zeigen und keine falschen Versprechungen zu machen.
- Hilfe holen und bei einer Beratungsstelle Unterstützung suchen.
Wie passiert sowas im Reitsport?
Sexualisierte Gewalt hat immer etwas mit Macht und Machtmissbrauch zu tun. Im Pferdesport kommt eine Besonderheit hinzu: das Pferd. Zum einen kann das Opfer im Falle einer Reitbeteiligung oder eines Schulpferdes emotional damit erpresst werden, das das Pferd nicht mehr geritten werden darf, wenn sich das Opfer nicht wie gewünscht verhält. Außerdem ist es auch nicht so leicht, sich dem Täter durch einen Stallwechsel zu entziehen. Schließlich muss man nicht nur eine neue Heimat für sich, sondern auch für sein Pferd finden.
Welche Konsequenzen gibt es für Täter bezüglich des Pferdesports?
Einem wegen Missbrauchs verurteilten Ausbilder kann die FN, sofern er eine Trainerlizenz besitzt, diese entziehen. Darüber hinaus empfiehlt die FN Vereinen und Betrieben vor Engagement eines Ausbilders ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis einzufordern. Grundsätzlich kann die FN Konsequenzen im Rahmen ihrer Verbandsgerichtsbarkeit ergreifen. So können Pferdesportler von der Teilnahme am Turniersport ausgeschlossen werden. Die Länge der Sperre hängt dann von der konkreten Tat ab. Die FN kann Trainern die Trainerlizenzen entziehen, sofern sie eine solche besitzen, aber Reitlehrer ist kein geschützter Beruf. Jeder kann sich so nennen und Unterricht geben. Die staatlichen Gerichte können im Rahmen ihrer Urteile neben Freiheits- und Geldstrafen auch Berufsverbote verhängen und es einem Täter so beispielsweise verbieten, Jugendliche zu unterrichten. Diese Macht hat die FN als Sportverband nicht.
An wen kann man sich wenden, wenn man betroffen ist?
Es gibt professionelle Beratungsstellen, bei denen man sich anonym und kostenlos Hilfe holen kann:
- Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch: Beratung durch pädagogisch/psychologisch ausgebildete Fachkräfte gibt es kostenfrei und anonym bei N.I.N.A. - telefonisch unter 0800 22 55 530 oder per E-Mail unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Die Beratungszeiten sind montags, mittwochs und freitags von 9 bis 14 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 15 bis 20 Uhr.
- Im Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch sind über eine Datenbank Hilfeangebote wie Beratungsstellen, Notdienste, therapeutische und rechtliche Angebote in Wohnortnähe zu finden. Außerdem bietet das Portal eine datensichere Online-Beratung: Infos Hilfe-Portal
Alle Informationen und Maßnahmen der FN zum Schutz vor sexualisierter Gewalt, Kontakte zu Beratungshotlines und Hilfe-Portalen gibt es hier.