Pferdesportverband
Hannover e.V.

Aktiv für Pferde, Sport und Natur

hgs logo

„Die Traineraus- und Fortbildung kann nicht hoch genug wertgeschätzt werden.“

Warendorf (fn-press). Sport begeistert. Ob jemand seiner Sportart treu bleibt, hängt ganz wesentlich auch von den Trainer*innen und Ausbilder*innen ab. Sie sind Schlüsselfiguren, denen gar nicht genug Wertschätzung entgegengebracht werden kann. So sieht es der Deutsche Olympische Sportbund, der am internationalen #ThanksCoachDay am 25. September die Trainer*innen in den Fokus rückt. So sieht es aber auch Eva Lempa-Röller, seit 1984 Referentin in der Abteilung Ausbildung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN).

Fast 40 Jahre hat sie die Trainerausbildung im Pferdesport über die Ausbildungs-Prüfungs-Ordnung (APO) der FN mitentwickelt und gestaltet. Ende Oktober geht sie nun in Ruhestand. Im Interview wirft sie einen Blick auf die Entwicklung der Trainerausbildung im Pferdesport und deren Zukunft.

Welche Rolle spielte die Trainer*innenausbildung im Pferdesport in den letzten vier Jahrzehnten, und wo steht sie heute?
Eva Lempa-Röller: Die Trainerinnen- und Trainerausbildung, und hier ist die Berufsausbildung eingeschlossen, nimmt heute genauso wie vor 38 Jahren die zentrale Schlüsselposition im gesamten Pferdesport ein. Die Trainer sind sozusagen systemrelevant. Ohne sie ist kein Sport möglich. Studien haben ergeben, dass Trainer die meiste Zeit mit den Pferdesportlern verbringen und somit den längsten Kontakt zu unseren Sportlern/ Mitgliedern in den Pferdesportvereinen und Betrieben haben. Umso klarer wird daher, welche bedeutende Rolle Trainer*innen im gesamten Sport einnehmen.

Was hat sich bei den Anforderungen der Trainer*innenausbildung getan und wie haben sich die Zahlen der qualifizierten Ausbilder entwickelt?
Lempa-Röller: Die Anforderungen an die Trainer*innen, sowie deren Aus- und Fortbildung haben sich in den vergangenen Jahren enorm gewandelt. Und trotz dieser vielfältigen Anforderungen gibt es erfreulicherweise nach wie vor über die vielen Jahre eine große Anzahl von engagierten Pferdesportlern, die Spaß und Freude an der Weitergabe ihres Wissens haben und Schüler mit Hilfe ihrer Trainertätigkeit fördern möchten. So sind die Zahlen der ausgebildeten Trainer, die für Vereine und Betriebe als Ausbilder tätig sind, in den vergangenen Jahren recht stabil geblieben. Natürlich sind sie in der Pandemiezeit etwas zurückgegangen, aber nun wieder im Aufwärtstrend. Die FN muss es also auch in Zukunft als besondere Herausforderung sehen, weiter genügend und qualifizierte Trainer für diese wichtige Arbeit im Pferdesport zu gewinnen.

Was waren die wichtigsten Veränderungen und Neuerungen innerhalb der Trainer*innenausbildung?
Lempa-Röller: Durch die veränderten Herausforderungen in den vergangenen Jahren mussten die Ausbildungsstrukturen immer wieder angepasst werden. 1986 gab es den Fachübungsleiter, Reitwart und den Amateurreitlehrer als Ausbilderqualifikation. In der Disziplin Reiten wurde es sehr bald nötig, zu differenzieren und vor allen Dingen Qualifikationen für den Freizeit- und Basissport einzuführen. Durch die geänderten Ausbildungsrahmenrichtlinien des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) mussten viele Dinge angepasst werden, da die Trainerausbildung im Pferdesport diesen unterliegt und bis heute unsere anerkannte Ausbildung zur Führung der Trainerlizenzen des DOSB ist. Das hat immer größere Veränderungen mit sich gebracht und den differenzierteren Anforderungen der letzten Jahrzehnte, insbesondere im Basis- und Leistungssport, entsprochen. 1994 wurden die Vorstufenqualifikationen (Betreuer im Pferdesport, Gespannführer etc.) zusätzlich zum Berittführer eingeführt und der Übungsleiter Prävention/Gesundheitssport installiert. Zur besseren Vorbereitung auf die Amateurlehrerqualifikation wurde den Reitwarten eine Zusatzqualifikation angeboten. Ab 2000 gab es entsprechend der DOSB-Vorgaben die Trainertitel (C,B,A) und in den verschiedenen Schwerpunkten auch unterschiedliche Zulassungskriterien für die Trainerprüfungen. Ab diesem Jahr haben auch die Anschlussverbände, zunächst die Westernreiter, später auch die Islandpferde-, Gangpferde-, Distanzpferde- und Barockpferdereiter den Zugang in das Trainersystem genommen. Dann wurde klar, dass die inhaltlichen Fragen die in verschiedenen Bereichen des Pferdesports aufkamen, wie mehr Unterricht mit jüngeren Kindern, Bodenarbeit, Schulsport, Inklusion, Unterricht für Späteinsteiger, nicht in die begrenzte Lehrgangsdauer von z.B. 120 passten. So entstanden 2014 die sogenannten Ergänzungsqualifikationen, die für die speziellen Inhalte als freiwilliges Fortbildungsangebot neu hinzu kamen. Ebenfalls in 2014 wurde die sogenannte Mentoren-Tätigkeit als Begleiter und Austauschpartner für die angehenden Trainer in die APO aufgenommen. Einige Jahre später ist das DOSB-Ausbilderzertifikatals Fortbildungsmaßnahme für unsere Trainerausbilder als besonders wertvolles Weiterbildungsangebot installiert worden.

Warum sind in den letzten Jahren so viele neue Ausbildungsangebote dazugekommen?
Lempa-Röller: Die Antwort ist ganz einfach: Die Trainer*innen von heute übernehmen vielfältige Anforderungen in unserem Sport. Ich möchte gerne Dominik Ullrich, Vizepräsident des Leichtathletikverbandes, zitieren. „Der Trainer ist für die vier B`s zuständig“. Er bewegt (bringt Fahren, Reiten und Voltigieren bei). Er begeistert (ist engagiert, hat Spaß an seiner Tätigkeit und motiviert). Er bildet (die pädagogische Qualität des Sportbildungsbereich wird vermehrt anerkannt). Und er bindet den Sportler an die Sportart (im günstigsten Fall für das ganze Leben und ist somit für den Pferdesport von immenser Bedeutung). Wir sind also darauf angewiesen, das die Trainer*innen der Zukunft im Freizeitbereich aber auch im Leistungssport bestmöglich ausgebildet sind. Viele neue Inhalte sind deswegen in den vergangenen Jahren hinzugekommen. Vor allem im pädagogischen aber auch Bildungsbereich, bis hin zu Themen wie Prävention sexualisierter Gewalt, Integration, Inklusion und viele Dinge mehr.

Welche Rolle spielen die Digitalisierung und veränderte gesellschaftliche Strukturen in der Ausbildung, und wie ist aktuell die Nachfrage, eine Trainerlaufbahn zu beginnen?
Lempa-Röller: Deutliche Veränderungen in den letzten Jahren sind das Ausbildungssystem und die Art der Ausbildungsangebote im Trainerbereich. So werden nicht mehr nur „Kompaktlehrgänge am Stück“ in den Fachschulen und in dezentralen Ausbildungsstätten angeboten, sondern die Lehrgänge auch im Modulsystem, die zeitlich versetzt besucht werden können, durchgeführt. So möchten wir den veränderten Lebensumständen und Zeit- und Arbeitsveränderung der heutigen Gesellschaft entgegen kommen. Auch das Thema Digitalisierung hat in die Lehrgangsgestaltung Einzug gehalten. Für viele Teilnehmer wird dadurch eine Lehrgangsteilnahme praktikabler und eher denkbar. Ebenso verhält es sich mit den Fortbildungsmaßnahmen zur Fortschreibung der Trainerlizenzen. Hier sind während der Pandemiezeit, aber auch später, digitale Maßnahmen getestet und durchaus als sehr wertvoll angesehen worden. Aber ich gebe zu, hier ist noch Luft nach oben. Wir müssen, wenn wir weiterhin eine zufriedenstellende Nachfrage in der Trainerausbildung haben möchten, noch flexibler mit unseren Angeboten werden. Wir bleiben hierzu im ständigen Kontakt mit unseren Fachschulen und dezentralen Lehrgangsleitern. Klar ist aber, dass neben aller Digitalisierung im Bildungsbereich, die sicher nicht aufzuhalten ist, die Präsenzphase vor Ort in den Lehrgangsstätten absolut notwendig ist und einen großen Stellenwert für die Ausbildung hat.

Welche Wünsche haben Sie an die zukünftige Trainerausbildung?
Lempa-Röller: Mein Wunsch für die Zukunft wäre, dass wir unseren Trainer noch mehr auf ihren Trainingsalltag, der sie dann zu Hause erwartet, vorbereiten, und sich die Ausbildung entsprechend auch daran orientiert. Hier ist dann wieder die Digitalisierung von Nutzen über Videosequenzen, die die Teilnehmer vor Ort bei sich zu Hause aufnehmen können und später in die Lehrgangsmaßnahmen mit einfließen lassen. Auf diesem Weg ist eine Koppelung zwischen Trainerlehrgang und Trainingsalltag denkbar. Ich gehe davon aus das ein Mischverhältnis von Online und Präsenz in der Zukunft immer noch wichtiger sein wird.

Was könnte man außerdem optimieren?
Lempa-Röller: Ich denke dass wir in der Ausbildung unserer Trainer*innen, durch die Fachschulen und dezentralen Ausbildungsstätten an sich schon wirklich sehr gut sind, dass wir aber in der Begleitung unsere Trainer vor Ort in ihrem Traineralltag noch besser werden können. Wir haben mit der APO 2014 den Mentoren-Einsatz mit aufgenommen, um so unseren Trainer*innen das Angebot zu machen, sich bei ausgewählten Mentoren Ratschläge oder auch Anregungen für ihre eigene Arbeit zu holen. Dieses System muss noch ausgebaut werden. Die Auswertung unseres PM-Trainermobils, bei dem qualifizierte Ausbilder die Trainer bei sich direkt vor Ort besucht haben, ergab dass die Trainer diese Art von Mentoring bei sich zu Hause als äußerst positiv angesehen haben und sehr dankbar für diesen Besuch waren. Auch hier ist also noch Luft nach oben. Die Begleitung im Trainingsalltag und die Austauschmöglichkeiten zwischen Ausbildern untereinander sollten noch deutlicher in den Vordergrund gerückt werden. Über den digitalen Weg haben wir mit dem Ausbildernetz im vergangenen Jahr eine Austauschmöglichkeit unter Trainern und Berufsausbildern geschaffen. Die Möglichkeit besteht also bereits digital, aber auch hier könnte mehr Vernetzung unter einander erfolgen.

Am 25. September findet der #ThanksCoachDay des DOSB statt. Werden Trainer*innen genug wertgeschätzt?
Lempa-Röller: Es ist uns in den letzten Jahren besonders wichtig gewesen, die Bedeutung des Trainers für den Gesamtverband mit verschiedenen wertschätzenden Maßnahmen noch deutlicher herauszustellen und diese Wertschätzung in der Außenwirkung kenntlich zu machen. Zum Beispiel durch der Ehrung der Trainer mit besonders guten Ergebnissen in ihren Prüfungen mit der Lütke-Westhues-Plakette im Rahmen unserer jährlichen Bildungskonferenz. Aber auch mit dem in der APO 2020 neu eingeführtem Trainerschild, welches die Qualifikation aber auch die gültige Lizenz dokumentiert. So können sich Trainer von anderen vom DOSB nicht anerkannten Trainern deutlich abgrenzen. Trainerplakate, auf denen insbesondere junge Leute für den Einstieg in die Trainerausbildung inspiriert werden, sind mit dem DOSB entstanden und machen auf unsere Trainerausbildung aufmerksam. Wichtig ist auch, dass unsere Pferdesportler den Wert der Ausbilder noch bewusster erkennen. Der Trainer lenkt ja die Entwicklung eines Sportlers maßgeblich. Angefangen mit dem Angebot und der Durchführung eines Abzeichenlehrgangs bis hin zur weiteren Ausbildung zum Turniersport oder aber auch Breitensport. Mich ärgert es manchmal, dass so mancher Sportler meint, man könne die Sportart durch Artikellektüre, Video gucken, Seminarbesuche etc. erlernen. Oder dass durch „Trainerhopping“, sprich häufigen Trainerwechsel, der gewünschte Erfolg schneller erreicht wird. Ich finde, das ist ein Irrglaube. Das stetige sich wiederholende, natürlich fachliche korrekte Training mit dem Trainer „meines Vertrauens“ ist der Schlüssel zum Erfolg. Und hier meine ich nicht nur den Erfolg im Sinne von Turniersport, sondern im Sinne von Reiten, Fahren oder Voltigieren lernen. Hier schließt sich wieder der Kreis. Trainer*innen und die Traineraus- und Fortbildung, bei der hier die Berufsausbildung deutlich mit eingeschlossen ist, kann im Gesamtverband nicht hoch genug wertgeschätzt werden. Das Gespräch führte Tina Pantel.

Tags: Ausbildung, Fortbildung, Trainerausbildung, Trainer, #ThanksCoachDay

Partner, Förderer und Projekte des PSV Hannover e.V.

  • Siptzenpferdesport
  • Reitsport Magazin
  • Pferdeland Niedersachsen
  • Pm
  • PuJ
  • Jugend Team
  • 8er Team
  • Niedersachsen
  • Psv2020
  • LC Classico
  • Hgs

Cups & Serien des PSV Hannover e.V.

  • Vgh
  • Schridde