CHIO Aachen Voltigieren: Deutschland dominiert den Nationenpreis
Aachen (fn-press). Abschlusstag für die Voltigierer beim CHIO Aachen in der Albert-Vahle-Halle: Beim großen Finale gewinnt das Team Deutschland I (Mannschaft Fredenbeck, Janika Derks und Jannik Heiland) den Nationenpreis mit 26,636 Punkten vor Deutschland II (Team NORKA des VV Köln-Dünnwald, Pauline Riedl, Thomas Brüsewitz) mit 25,845 Zählern. Den Sieg im Pas-de-Deux sicherten sich zuvor Justin van Gerven und Chiara Congia vom VV Köln-Dünnwald.
Den Auftakt des zweiten deutschen Teams im Nationenpreis, welches als erstes in den Zirkel einlief, machte Thomas Brüsewitz. Der 27-Jährige vom Team NORKA des VV Köln-Dünnwald, der am Vortag in der Herrenkonkurrenz hauchdünn auf Platz zwei gelandet war und seinen fünften Titel in Serie damit knapp verpasst hatte, steuerte mit seiner Kür zum Harry-Potter-Thema Severus Snape auf dem Rücken des zwölfjährigen KWPN-Wallach Eyecatcher – longiert von Longenführerin Alexandra Knauf – 8,534 Punkte bei. Im Anschluss kam Pauline Riedl auf 8,606 Punkte. Die 27-jährige Maschinenbau-Studentin vom Reitverein Aachen voltigierte auf dem zehnjährigen William – longiert von Maik Husmann. Abschließend trugen die Pferdeakrobaten vom Team Köln-Dünnwald mit ihrem zwölfjährigen Holsteiner Calidor – longiert von Trainer und Longenführer Patric Looser – 8,705 Punkte zum Gesamtpunktestand bei. Damit verbuchte Deutschland II 25,845 Punkte und Deutschland hatte – seit 2017 in Aachen ungeschlagen – einmal mehr den Nationenpreis bereits in der Tasche.
Doch Team Deutschland I konnte das Resultat im Anschluss schließlich noch toppen. Zunächst voltigierte Jannik Heiland zu 8,924 Punkten. Der 28-jährige Ingenieur aus Wulfsen, der sich vor zwei Wochen in Ungarn den Vize-Weltmeistertitel und am Tag zuvor seinen ersten CHIO-Titel in der Herrenkonkurrenz gesichert hatte, ging in seiner Kür noch einmal ein wenig mehr Risiko ein und wurde dafür gemeinsam mit seinem Pferd Dark Beluga und Longenführerin Barbara Rosiny belohnt. Der 18-jährige Hannoveraner lief wenige Augenblicke später noch einmal in der Albert-Vahle-Halle ein – diesmal mit Janika Derks, der CHIO-Aachen-Siegerin der Damenkonkurrenz vom Vortag. Die 31-jährige Physiotherapeutin vom RSV Neuss-Grimlinghausen trug 8,818 Punkte zum Gesamtergebnis bei. Im Anschluss und zum Abschluss präsentierte schließlich die Mannschaft Fredenbeck ihre Kür zum Thema „Unleash yourself“ (Lass dich entfesseln) – eine Choreografie, die die Akzeptanz gegenüber anderen Denk- und Lebensweisen ausdrücken soll und ein Signal gegen Unterdrückung und Diskriminierung setzen will. Das vierköpfige internationale Richtergremium um Chef-Juror Rob de Bruin vergab für die Darbietung der amtierenden Weltmeister sowie CHIO-2021-Sieger, die mit ihrem zwölfjährigen Oldenburgers Ersatzpferd Capitain Claus an den Start gingen, 8,894 Punkte – das war mit total 26,636 Zählern der souveräne Sieg.
Eine Schrecksekunde gab es jedoch während des ersten hohen Kürblockes der Fredenbecker. Hier war Obermann Henry Frischmuth bei einem freien komplett herausgedrückten Stand auf den Armen von Viktor Brüsewitz in leichte Rücklage gekommen und nach hinten übergekippt. Doch Brüsewitz sicherte den Elfjährigen reaktionsschnell und verhinderte souverän einen Sturz.
Gesa Bührig: „Heute war es nicht einfach im Zirkel, ich musste wirklich ganz schön arbeiten.“ Die Longenführerin der Fredenbecker fasste zusammen: „Aachen ist immer sehr besonders. Wir hatten, ehrlich gesagt, gar nicht erwartet, dass die Stimmung so großartig wird. Wir hatten vorher gehört, es werden nur 30 Prozent der Zuschauer zugelassen und haben ein bisschen gezweifelt, ob die dieses Feeling hinbekommen, das wir die letzten Jahre hier hatten? Aber sie haben es hingekriegt und es war toll.“ Dem konnten die Zweitplatzierten aus Köln nur beipflichten. Teammitglied Justin van Gerven: „Wir sind froh, endlich mal wieder in Aachen zu sein und diese Stimmung mitzunehmen. Nach der ganzen Corona-Zeit war es echt erlösend, mal wieder vor Publikum zu voltigieren.“
Auch Patric Looser, der während der Kölner Kür an der Longe einiges zu arbeiten hatte, zeigte sich zufrieden: „Im Training klappt die Kür schon einwandfrei, aber es zeigt sich, dass wir einfach Turniere brauchen. Zur Deutschen Meisterschaft in zwei Wochen wird es bestimmt noch ein wenig besser sein.“
Auch Longenführerin Barbara Rosiny betonte, dass vor allem die Pferde die Wettkämpfe brauchen: „Fit wird man durchs Training. Aber diese Atmosphäre – das fehlt einigen Pferden schon. Gerade wenn es so ist wie hier, wenn wir in so einen wunderbaren Hexenkessel einlaufen, was richtig Freude macht. Aber wenn sie das eine Zeitlang nicht gewohnt sind, müssen sie da erstmal wieder reinfinden. Das kann man zuhause nicht üben.“
Die erste Entscheidung des finalen CHIO-Tages fiel im Pas-de-Deux. Hier hatten sich nach dem ersten Umlauf Janika Derks und Johannes Kay vom RSV Neuss-Grimlinghausen mit etwa anderthalb Zehntel Vorsprung an die Spitze des Feldes gesetzt. Allerdings hatte sich Kay bei einem freien Radabgang leicht verletzt, weshalb er seinen Abgang im finalen Durchgang nicht turnen konnte. Das Duo aus dem Rheinland, welches als letzter Teilnehmer des Feldes in den Aachener Zirkel eingelaufen war, kam ansonsten hervorragend und nahezu fehlerfrei durch die zweiminütige Kürchoreografie auf ihrem 14-jährigen Oldenburger Humphrey Bogart OLD, longiert von Nina Vorberg. Dafür gab es von den Richtern eine starke Bewertung von 8,813 Punkten. Im Gesamtergebnis kamen die amtierenden Weltmeister damit auf eine Note von 8,83. Das reichte allerdings hauchdünn nicht für die Verteidigung des Titels aus dem Jahr 2019. Denn die amtierenden Vizeweltmeister Chiara Congia und Justin van Gerven waren am Abschlusstag in der Soers einen Hauch stärker als ihre Bundeskader-Kollegen. Die Athleten vom VV Köln-Dünnwald sicherten sich nun ihren ersten CHIO-Sieg. Mit ihrer 13-jährigen Hannoveraner-Stute Highlight HE, longiert von Alexandra Knauf, voltigierte das Paar zu überragenden 9,013 Punkten in der Tageswertung und schoben sich damit mit einem Gesamtresultat von 8,855 an die Spitze.
Rang drei in der Tageswertung (8,253) als auch in der Totalen (8,38) ging an die beiden Westfalen Jolina Ossenberg-Engels und Timo Gerdes aus Altena mit ihrem Pferd Caram OE – longiert von Claudia Döller-Ossenberg-Engels, gefolgt von den Däninnen Sheena Bendixen und Emma Helene Kaps (8,204). Diana Harwardt und Peter Künne aus Bernau bei Berlin sicherten sich mit Longinus – longiert von Andrea Harwardt – Rang fünf (7,878).