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EM Springen: André Thieme und DSP Chakaria sind Europameister

Riesenbeck (fn-press). 14 Jahre nach dem Triumph von Meredith Michaels Beerbaum und Shutterfly in Mannheim gibt es einen neuen deutschen Europameister im Springreiten: André Thieme. Der 46-Jährige aus Plau am See siegte in Riesenbeck mit seiner elfjährigen Stute DSP Chakaria. Die beiden hatten sich einen solchen Vorsprung erarbeitet, dass sie sich im finalen Umlauf noch einen Abwurf erlauben konnten. Silber gewann der Schweizer Martin Fuchs mit Leone Jei vor dem Schweden Peder Fredricson mit Catch me not S.

Als eines von zwei Paaren blieb das jüngste deutsche Paar, Christian Kukuk (Riesenbeck) und Mumbai, bei seiner EM-Premiere fehlerfrei im letzten Umlauf. Am Ende sprang ein starker vierter Platz für die beiden heraus, mit einem hauchdünnen Abstand auf den Bronzerang. Auch David Will (Marburg) und C-Vier schlossen ihre Championatspremiere unter den Top-Ten ab. Sie wurden Siebte. Das vierte deutsche Paar, Marcus Ehning (Borken) und Stargold beendete das Finale mit Platz 19 auch noch unter den besten 20 Paaren. Gemeinsam hatten die vier zuvor Team-Silber gewonnen.

André Thieme wusste ganz genau, wem in diesem Moment des Triumphes sein größter Dank galt: Seinem Pferd Chakaria. Die Fuchsstute (von Chap – Askari) hatte sich über die fünf EM-Tage hinweg nicht nur in das Herz der Zuschauer gesprungen, sondern auch noch ein bisschen mehr in das ihres Reiters. „Ich bin gesegnet mit diesem Pferd. Sie ist einfach außergewöhnlich und wir wussten immer, dass sie etwas Besonderes ist. Ich liebe Chakaria ungefähr so sehr wie meine Frau, und sie akzeptiert das“, sagte Thieme halb im Scherz, halb im Ernst. Dann beschrieb er seine Finalrunde und den Moment des Sieges. Dank eines fehlerfreien ersten Umlauf startete er als Führender und letzter Reiter ins Finale. „Das war ein sehr besonderer Moment für mich. Ich wusste, dass ich mir einen Fehler erlauben konnte, und das ging mir auch durch den Kopf. Als Chakaria nach dem Fehler noch so sprang, nach den vier schweren Runden zuvor, das war einfach ein unbeschreibliches Gefühl. Ich habe nur noch versucht ruhig zu bleiben und zum Glück ist es uns beiden gelungen.“ Das Gefühl, das Hamburger Derby oder den One-Million-Dollar-Grand-Prix zu gewinnen, das kennt Thieme. Medaillen auf einem Championat zu sammeln ist neu für ihn. Nach dem Gewinn der Team-Silbermedaille folgte also nun auch noch der Einzel-Titel. „Emotional habe ich noch nichts Vergleichbares in meinem Sport erlebt. Das ist nicht nur emotional für mich, sondern auch für die Zuschauer, für meine Familie und meine Freunde, die mich hier unterstützt und gefeiert haben.“

Thieme, der einen Turnierstall in Mecklenburg Vorpommern betreibt, ist der erste Reiter aus Ostdeutschland, der bei Olympischen Spielen für die Bundesrepublik Deutschland gestartet ist und überhaupt eine Medaille für Deutschland bei einer EM gewonnen hat. Nun bringt er gleich zwei mit nach Hause. „Ich glaube, der ganze Osten feiert!“, jubelte Thieme. „Die Leute haben hinter uns gestanden, haben uns gefeiert, sind mitgegangen. Ich hab die Spannung genauso gespürt. Dankeschön!“, sagte er nach seinem Sieg im ausverkauften Stadion vor etwa 3250 Zuschauern, darunter neben seiner Familie auch die Altherren-Fußballmannschaft des FC Lübz, mit der André Thieme regelmäßig kickt. Ebenso verfolgte Ulrich Heidenreich, Mitbesitzer von DSP Chakaria die EM live vor Ort. Seit drei Jahren ist die Fuchsstute nun unter dem Sattel von André Thieme. Es ist eine einzige Erfolgsgeschichte.

Nachdem bei den Olympischen Spielen in Tokio vor einem Monat keine Medaille für die deutschen Springreiter herausgesprungen war, waren die Erfolge bei der Heim-EM in Riesenbeck, für deren Organisation Ludger Beerbaum und sein Team ausschließlich Lob erhielten, eine wohltuender Erfolg für alle Beteiligten. „Wie cool ist das denn, dass André hier gewinnt! Ich habe mich daran erinnert, wie wir nach Tokio am Flughafen saßen und er überlegt hat, erstmal ein bisschen Pause zu machen und dann in Aachen zu starten. Ich habe zu ihm gesagt, du hast in Tokio Erfahrungen gesammelt, reite die EM. Und dass es dann so ausgeht, ist sensationell“, freute sich Bundestrainer Otto Becker. „Ich freue mich für das ganze Team, vor allem für die Reiter. Dass Christian Kukuk hier Vierter und David Will Siebter werden, als Neulinge – damit haben sie die Erwartungen mehr als erfüllt.“ Rückblickend sagte er: „Tokio ist zum großen Teil mit der fehlenden Erfahrung zu erklären. Sie haben schnell gelernt. Dass wir hier Vize-Europameister mit der Mannschaft werden und André Europameister, das hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorgestellt. Das tut gut.“ Auch die Leistung der vierbeinigen Stars hob Becker hervor: „Die Pferde waren top fit, top austrainiert und frisch. Sie haben gezeigt, dass die Vorbereitung richtig war und dass sie auch eine Reise nach Tokio und eine anschließende EM gut überstehen können.“

Trotz der starken Platzierung war die Enttäuschung beim 31-jährigen Christian Kukuk groß darüber, dass er so knapp an einer Medaille vorbeigeschrammt ist. Von Rang sechs in den finalen Umlauf gestartet, kämpfte er sich mit seinem neunjährigen Schimmelhengst Mumbai nach einer fehlerfreien Runde in Medaillennähe. Die nachfolgenden Paare machten Fehler, dann war der Schwede Peder Fredricson am Start. Nach einem Abwurf und einem Zeitstrafpunkt beendete er die fünf EM-Umläufe mit 9.46 Strafpunkten, was knapp für Bronze reichte – Kukuk belegte am Ende mit 9.93 Punkten Rang vier. Knapper hätte es kaum ausgehen können. „Im Moment ist es sehr bitter, Vierter zu werden. Mit ein bisschen Abstand kann das Fazit von dieser EM aber nur überragend sein. Es war eine Veranstaltung, die ihresgleichen sucht und ich werde in ein paar Tagen happy sein über die Silbermedaille mit dem Team. Aber im Moment bin ich noch tief enttäuscht. Ich bin sogar fest der Meinung, mein Pferd hätte hier eine Goldmedaille verdient gehabt. Mit dieser Runde im Finale hat er bewiesen, dass er mit das beste Pferd in dem ganzen Turnier war. Darüber bin ich mega happy“, sagte Kukuk abschließend.

Einen Schreckmoment erlebten David Will und C-Vier auf dem Vorbereitungsplatz. Sie stürzten vor ihrem Finalritt, waren jedoch beide schnell wieder auf den Beinen und wurden von einem Arzt bzw. Tierarzt untersucht. Da beide den Sturz unbeschadet überstanden haben, gab es für sie grünes Licht bezüglich eines Starts. Beiden geht es gut. Das Paar vom Hofgut Dagobertshausen bei Marburg schloss seine Championatspremiere nach zwei Abwürfen im Finale auf einem starken siebten Platz ab – mit der Mannschaftssilbermedaille im Gepäck. Diese und den Sieg im Auftaktspringen sind ihnen nicht mehr zu nehmen. Für beide, den 33-jährigen, gebürtigen Bayer David Will und den Holsteiner Wallach C-Vier (von Cardento – Concorde) war es das erste Championat für Deutschland, nachdem sie bereits auf der Longlist für Tokio gestanden haben.

Viel gelernt habe sowohl sein Pferd als auch er, sagte Routinier Marcus Ehning zum Abschluss. Mit dem zehnjährigen Oldenburger Stargold (von Stakkato Gold – Lord Weingard) war Ehning erst kurzfristig durch den Ausfall von Maurice Tebbel und Don Diarado ins Team gerückt. Nach ihrer fehlerfreien Runde im Team-Finale unterliefen den beiden im Einzel-Finale zwei Abwürfe. Ehning hob die positiven Dinge hervor: „Wir nehmen beide viele neue Erfahrungen von dieser EM mit. Und ich finde, Stargold hat hier einen super Job gemacht. Er ist toll gesprungen.“ 

Tags: Springen, Europameisterschaften, Riesenbeck, Andre Thieme

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