Neue Ipsos-Studie: Pferde in Deutschland
Warendorf (fn-press). Schätzungsweise 1,25 Millionen Pferde in Privatbesitz gibt es in Deutschland. Zu diesem Ergebnis ist das Marktforschungsunternehmen Ipsos gekommen, das im Auftrag der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) zum zweiten Mal nach 2001 Pferdesport und Pferdesportler in Deutschland unter die Lupe genommen hat. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung im Alter ab 14 Jahre hat die Studie außerdem ermittelt, dass es in rund 600.000 Haushalten mindestens ein Pferd gibt und in rund 920.000 Haushalten mindestens eine Person eine Reitbeteiligung hat.
Der Trend geht zum Zweitpferd
Im Jahr 2001 besaß etwa die Hälfte aller regelmäßig aktiven Reiter* ein Pferd, ein gutes Viertel nannte zwei Pferde sein eigen und ein weiteres Viertel hatte sogar drei und mehr Pferde. Nach der neuen Umfrage ist die Zahl der Ein-Pferd-Besitzer (44 Prozent) zugunsten derjenigen mit zwei Pferden (40 Prozent) zurückgegangen. Weniger geworden sind auch diejenigen Reiter mit drei und mehr Pferden. Sie machen laut Studie 16 Prozent unter den regelmäßig aktiven Reitern aus, vor 19 Jahren war es noch knapp ein Viertel. „Ein Grund dafür könnte sein, dass diejenigen, die reiten, dies heute intensiver betreiben als noch vor 20 Jahren“, sagt FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach. „Ein weiterer Grund könnte aber auch sein, dass es heute gefühlt mehr Gnadenbrotpferde gibt, deren Besitzer mit einem zweiten, jungen Pferd weiter sportlich aktiv sind.“
Das Traumpferd soll in erster Linie brav sein
Spektakulärer Trab, überragendes Springvermögen oder eine besondere Größe? Nein! Weit mehr als auf Leistungsbereitschaft und gute Grundgangarten kommt es den meisten regelmäßig aktiven Reitern auf den Charakter eines Pferdes an. 52 Prozent wünschen sich in erster Linie ein charakterlich gutes Pferd, welches beispielsweise ruhig, gelassen und ausgeglichen ist. 34 Prozent legen Wert auf gegenseitiges Vertrauen und Zuverlässigkeit. Und für zirka 17 Prozent haben sportliche Eigenschaften wie gute Bewegungen und Leistungswille Priorität. „Etwas überraschend ist das Ergebnis, dass das Thema Gesundheit nur von neun Prozent der Reiter genannt wurde. Gefragt wurde allerdings nach den Wunsch-Eigenschaften eines Pferdes, so dass viele da möglicherweise nicht sofort an den guten Gesundheitszustand gedacht haben, sondern diesen als selbstverständlich angesehen haben“, so Lauterbach.
Pferdehaltung: Täglicher Weidegang erwünscht
Die Unterbringung der Pferde erfolgt knapp zur Hälfte in einem Pensionsbetrieb mit oder ohne angeschlossenem Reitverein. Von den aktiven, im Verein organisierten Reitern nutzen 49 Prozent solche Pensionsbetriebe für ihr Pferd, von den nicht-organisierten Reitern sind es 42 Prozent. Etwa ein Viertel der Pferde ist auf Höfen ohne Reithalle oder Reitplatz untergebracht (21 bzw. 26 Prozent). Ein weiteres Viertel der Pferde wird privat zuhause, bei Freunden oder Bekannten gehalten (28 bzw. 27 Prozent).
Die optimale Unterbringung sehen aktive organisierte Reiter in der Einzelbox mit Außenfenster (23 Prozent) oder mit Paddock (21 Prozent), während Nicht-Organisierte die Gruppenhaltung im Offenstall (27 Prozent) oder auf der Weide mit festem Unterstand (16 Prozent) bevorzugen. „Interessanterweise hat die Paddockbox etwas an Zuspruch verloren. Das könnte damit zusammenhängen, dass viele erkannt haben, dass ein kleiner Paddock zwar Licht und frische Luft bieten, aber keinen Auslauf ersetzen kann“, sagt Lauterbach.
Große Einigkeit herrscht bei beiden Gruppen darüber, dass die Pferde am besten täglich Weidegang oder Auslauf haben sollten (90 Prozent). Knapp die Hälfte wünscht sich dabei ganztägigen Auslauf, mehr als ein Viertel sähe sein Pferd am liebsten Tag und Nacht auf der Weide. Und weniger als jedem Fünften reicht ein halbtägiger oder stundenweiser Aufenthalt auf der Wiese oder einem großen Paddock aus.
Auslauf und Weidegang beziehungsweise die Unterbringung der Pferde stehen generell bei allen Aktiven ganz oben auf der Liste, wenn es um die Auswahl von Reitanlage oder Stall geht. Für mehr als 80 Prozent haben außerdem eine gute Fütterung und das Vorhandensein eines Außenplatzes Relevanz. Dass es zudem ordentlich aussieht, darauf kommt es über 70 Prozent aller Aktiven an. Unterstützung bei Pflege und Haltung wünschen sich vor allem Gelegenheitsreiter, also solche die sich nach eigener Angabe nur gelegentlich mit dem Pferd beschäftigen (ebenfalls über 70 Prozent).
„Es ist ganz eindeutig, dass das Wohlergehen des Pferdes oberste Priorität hat, wenn nach dem passenden Stall gesucht wird. Für die meisten Reiter ist das weit wichtiger als das eigene Wohlbefinden, zum Beispiel Dusch- und Umkleideräume oder Gastronomie. Allerdings sind hier die Ansprüche im Vergleich zur letzten Studie gestiegen“, so Lauterbach.
Ausbildung Pferd / Reitunterricht
Generell finden Training und Bewegung des Pferdes im Gelände, auf dem Außenplatz oder in der Reithalle statt. Lässt man den Reitern die Wahl, würden über 50 Prozent lieber noch öfter ausreiten, das gilt für aktive Vereinsmitglieder wie auch nicht-organisierte Reiter.
Für die aktiven Vereinsmitglieder hat Reitunterricht eine höhere Bedeutung als für die übrigen Gruppen (77 Prozent). Daher kennen auch 88 Prozent der aktiven organisierten Reiter die Qualifikation ihres Ausbilders, während sich bei den Nicht-Organisierten nur 74 Prozent mit dieser Frage beschäftigt haben. Bei der Beurteilung ihres Reitlehrers ist beiden Gruppen allerdings weniger dessen sportliche Leistung als vielmehr sein Einfühlungsvermögen ins Pferd besonders wichtig. Diese Fähigkeit wünschen sich 41 Prozent der organisierten und 45 Prozent der nicht-organisierten Reiter. Gelegenheitsreiter haben zudem ein hohes Sicherheitsbedürfnis. Für 43 Prozent steht an erster Stelle, dass der Reitlehrer die Situation unter Kontrolle hat. Im Vergleich dazu: Die Turniererfahrung des Reitlehrers spielt nur für 11 Prozent der organisierten Reiter beziehungsweise 5 Prozent der Nicht-Organisierten und Gelegenheitsreiter eine Rolle.
Reiten als Familiensport
Reiten ist zeitaufwändig. Fast 80 Prozent der Reiter verbringen in vielen Fällen täglich zwischen zwei und drei Stunden mit ihren Pferden, 15 Prozent der aktiven Vereinsmitglieder und fast 20 Prozent der Nicht-Organisierten sind sogar noch länger am Stall.
Reiten ist ein Familiensport, das gilt vor allem für aktive Vereinsmitglieder. 71 Prozent der aktiven organisierten Reiter verbringen häufig oder zumindest ab und zu Zeit im Stall aufgrund ebenfalls reitender Familienmitglieder. Bei den nicht-organisierten Reitern sind dies 49 Prozent, bei den Gelegenheitsreitern 54 Prozent. Selbst bei den potenziellen Reitern sind dies 39 Prozent. Lauterbach: „Das ist ein Zeichen dafür, dass das Vorbild in der Familie offenbar dazu reizt, selbst in den Sattel zu steigen. Das wird vor allem am Beispiel bekannter Reiterfamilien deutlich, in denen die Pferdebegeisterung von Generation zu Generation weitergegeben wird.“
Zur Ipsos-Studie 2019
Die Marktforschung erfolgte mit Hilfe verschiedener Methoden – Onlinebefragung und persönliche Interviews. Dabei wurden Größe und Struktur der verschiedenen Pferdesportlergruppen innerhalb Deutschlands ermittelt, aber auch die besonderen Merkmale von Pferdesportlern sowie die Häufigkeit, mit der Pferdesport betrieben wird. Ferner ging es um die Zahl der Pferde in Deutschland und deren Haltung und Ausbildung sowie das Verhältnis der Pferdesportler zu Vereinen und Verbänden, insbesondere zur Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) selbst. Foto: Stroscher
Alle Ergebnisse sind hier nachzulesen.
*Der Begriff Reiter umfasst immer auch Fahrer, Voltigierer und alle Personen, die sich in irgendeiner Weise aktiv mit dem Pferd beschäftigen, z.B. in Form von Bodenarbeit.